Neue Vereinbarung mit den Gesetzlichen Krankenkassen

Der Bereich der GKV (Gesetzliche Krankenversicherung) verändert sich weiterhin stark. 1992 gab es noch 1223 gesetzliche Krankenkassen. Nach der Einführung der freien Kassenwahl im Jahre 1996 sank die gesetzliche Krankenkassenzahl im Folgejahr bereits auf 554. Im Jahre 2007 standen noch 242 gesetzliche Krankenkassen zur Verfügung – 5 Jahre später nur noch 146 gesetzliche Krankenkassen. Im Jahre 2017 existieren nur noch circa 9% der gesetzli- chen Krankenkassen im Vergleich zu 1992. Diese verteilen sich aktuell wie folgt:

  • 11 Allgemeine Ortskrankenkassen (AOK)
  • 6 Ersatzkassen (VDEK)
  • 6 Innungskassen
  • 88 Betriebskrankenkassen
  • 1 Krankenkasse: Knappschaft-Bahn-See
  • 1 Sozialversicherung für Landschaft, Forsten und Gartenbau

71,6 Millionen (Mio.) Menschen sind in der GKV versichert. Diese verteilen sich, wie folgt: 

  • 32,8 Mio. Pflichtversicherte (inkl. 4 Mio. Arbeitslosengeld-I- und -II-Empfänger)
  • 5,8 Mio. freiwillig Versicherte
  • 16,5 Mio. Berentete
  • 16,5 Mio. Mitversicherte

Schätzungsweise 90 % unserer Patienten kommen im Durchschnitt damit aus dem GKV-Bereich. Dies bedeutet, dass unser Hauptfokus der Patientenversorgung auch zukünftig im GKV-Bereich liegen wird.

Die von einigen politischen Parteien im Wahlkampf 2017 befürwortete, Bürgerver- sicherung oder Volksversicherung würde ein vollständige Veränderung des bisherigen Gesundheitssystems bedeuten.

Diese neue Versicherung wäre zwar weiterhin ein solidarisches Sozialversicherungssystem mit dem Kennzeichen, dass ausnahmslos alle Bürger und unter Einbeziehung aller Einkunftsarten Beiträge in die gesetzliche Krankenversicherung leisten und gleichermaßen alle Bürger im Versicherungsfall daraus gleiche Leistungen in Anspruch nehmen können. Die Bürgerversicherung würde die Aufhebung des dualen Systems zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung im Leistungsbereich der Grundversorgung bedeuten. Medizinische Sonderleistungen über die Grundversorgung hinaus wären weiterhin durch private Zusatzversicherungen möglich sein.

Die Bürgerversicherung kann dann die Grundversorgung in ihrem Leistungskatalog selbstständig festlegen. D. h. der bisherige GKV-Bereich würde von einer „Ein- heitskasse“ oder mehreren regionalen „Einheitskassen“ abgelöst werden, die dann auch klare Vorgaben in der Diagnostik und Therapie geben würden/könnten. Denkbar wären z. B. „Tenderlösungen“ bei Faktorenkonzentraten in der Therapie seltener Ge- rinnungsstörungen – ohne direkte Mitsprachemöglichkeit der Ärzteschaft! Darüberhinausgehende Leistungen müssten von den Versicherten privat abgesichert werden.

Daher ist es dem Vorstand sehr wichtig, weiterhin die Interessen aller hämostaseo- logisch tätigen in mehreren konzertierten Aktionen, z. B. mit der GTH, DHG, BKV und aller anderen ärztlichen Berufsverbände, zu vertreten und mitzuteilen, auch mit den Krankenkassen direkt, soweit es möglich ist.

Eine dieser Aktivitäten hat sogar zu einer Aktualisierung der Vereinbarung für die Abgabe von Blutprodukten nach § 47 AMG (Arzneimittelrecht) mit dem VDEK als Mustervertrag geführt. In diesem Mustervertrag sind erstmals alle seltenen Gerinnungsstörungen aufgeführt.

Zudem wird eine deutschlandweite einheitliche Vergütung möglich. Weiterhin genügt die Vereinbarung dem Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 SGB V) und der Wirtschaftlichkeitsprüfung und der Überwachung (§ 106 SGB V) durch den GKV-Bereich.

Dies spiegelt sich auch in einem Wirtschaftlichkeitsfaktor bei der Vergütung wieder. Der neue Antikorruptionsparagraph 299a StGB für Heilberufe ist ebenso berücksichtigt.

Dank des lebhaften Austausches aller Mitglieder des BDDH wurden weitere darüberhinausgehende Aspekte bei der Gestaltung möglicher weiterer Vereinbarungen mit anderen Krankenkassen diskutiert und dargestellt.

Priv.-Doz. Dr. med. Jürgen Koscielny, Charité, Universitätsmedizin Berlin, für den BDDH-Vorstand

u. a. Quelle: BMG – aktuelle Statistiken u.a. in KV-Blatt Berlin, Ausgabe 03–17, S. 15

veröffentlich in der Hämostaseologie 02/2017